Zwölf
Sie waren noch da. Henry wußte es, noch ehe er die Augen ganz offen hatte. Die Schwere des Tages hob sich von seiner Brust, und statt dessen senkte sich die Gewißheit herab, daß die beiden Geister im Raum waren und auf sein Erwachen harrten. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder hatten sich diejenigen, die Celluci gefangenhielten, einer Verhaftung entziehen können oder es waren noch andere an der Sache beteiligt, und das war den polizeilichen Nachforschungen bisher entgangen.
Es gibt natürlich auch eine dritte Möglichkeit. Henry lag völlig ruhig da, lauschte den Geräuschen, die die vielen Leben rings um ihn her verursachten und versuchte, sich mit allen Sinnen an der Abwesenheit von Leben am Fußende seines Bettes vorbeizuschlängeln. Vielleicht war ihnen ein Vorgehen nach den Buchstaben des Gesetzes nicht ausreichend. Sie wollen eine vernichtendere Rache, eine, die nicht so ... leider war „legal" das einzige Wort, das ihm in diesem Zusammenhang einfiel,... legal ist. So wird Detective Celluci, zur Zeit derjenige von uns, der am stärksten in das Geschehen einbezogen ist, am Ende an der Lösung des Falles gar nicht mehr beteiligt sein.
Aber das hatte Henry von Anfang an gewußt: Eine alles vernichtende Rache, sollte es dazu kommen, würde trotz, nicht wegen Detective Celluci stattfinden. Der Versuch, innerhalb von Recht und Gesetz zu bleiben, war für Henry Ehrensache gewesen; nur hatte das ja leider nicht funktioniert.
Was war mit Vicki?
Selbst vor ihrer Wandlung war Vicki bereit gewesen einzugestehen, daß Recht und Gerechtigkeit nicht notwendigerweise dasselbe waren. Den finalen Schlag würde sie selbst zwar nicht landen können - jedenfalls nicht, ohne dabei die von Celluci klar gezogenen Grenzen zu überschreiten -, aber Henry bezweifelte stark, daß sie ihm in den Arm fallen würde, wenn er zu diesem Schlag ausholte. Beim bloßen Gedanken daran mußte er unwillkürlich die Zähne blecken und wütend knurren.
Dann aber ließ sich das offizielle Erwachen nicht länger hinauszögern. Henry öffnete die Augen.
Sie standen genau dort, wo sie in den vergangenen sechs Nächten gestanden hatten. Doug und der Kumpel, den ihm der Tod verschafft hatte. In den Schatten, die so dicht waren, daß selbst Henrys scharfe Augen sie nicht durchdringen konnten, wartete der unsichtbare Chor, bereit, der Stimme der Verdammten zusätzliches Gehör zu verschaffen.